Daniel Sturm
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UFZ-Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle: Leipzig Permoserstraße. Zur Geschichte eines Industrie- und Wissenschaftsstandortes. Passage-Verlag Leipzig 2001, 348 S.
Unveröffentlicht.

In den Archiven des Leipziger Friedhofsamtes "ruhen" 3.660 Todesanzeigen von Zwangsarbeitern, KZ-Häftlingen und ausländischen Kindern, die auf ein wenig erforschtes Kapitel der Leipziger Stadtgeschichte hinweisen. Tausende zwangsverpflichtete Ausländer aus den von der Wehrmacht besetzten Gebieten ließen in der Leipziger Rüstungsindustrie ihr Leben. Rund 40.000 Ausländer mußten 1943 in den Werken der Leipziger Hugo Schneider Aktiengesellschaft (Hasag) unter Bewachung von SS und Werkschutz Munition und Panzerfäuste produzieren, die sich gegen ihr eigenes Volk richteten. "Und doch ist die Geschichte des Betriebes fast vollständig verdrängt worden", schreibt der Historiker Mustafa Haikal, der im Auftrag des Umweltforschungszentrums Halle-Leipzig (UFZ) eine Dokumentation der Gräuel erarbeitet hat.
"Leipzig Permoserstraße" beschreibt die Geschichte des Industrie- und Wissenschaftsstandortes, an dem sich nach der Wende das UFZ als Nachfolgeeinrichtung der abgewickelten DDR-Institute der Akademie der Wissenschaften etablierte. Allein das Verwaltungsgebäude des Rüstungskonzerns im Leipziger Stadtteil Paunsdorf ist übriggeblieben, und das ist schon nicht so selbstverständlich, schließlich hat sich hier Paul Budin, der Hasag-Generaldirektor, zusammen mit seiner Frau am 14. April 1945 in die Luft gesprengt, dabei zwei weitere Menschen in den Tod gerissen und Firmenarchiv sowie Gebäudeteile zerstört. Das Buch geht den Verbindungen des Überzeugungstäters Budin zu SS- und Nazigrößen nach und zeigt sehr klar, wie Geisteshaltung (Budin und Mitstreiter), Geschäftspolitik (die Rolle der Banken und des Aufsichtsrates) und militärstrategischen Überlegungen (Wehrmacht) aus der Lampenfabrik von 1863 in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts eine todbringende Rüstungsfabrik entstehen lassen. 1944/45 wurden die nicht mehr arbeitsfähigen Zwangsarbeiter nach Ausschwitz in den Tod geschickt, ab April '45 starteten ausgehend von Leipzig und den Hasag-Zweigwerken in Thüringen und Sachsen die so genannten Todesmärsche. Bis heute ist unbekannt, wieviele Todesopfer sie kosteten.
DANIEL STURM