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Web-Ordnungshütern droht Strafzettel
Vergleichende Analyse der Suchmaschinen Google, Yahoo, Altavista und Lycos im August 2001
Media Tenor-Forschungsbericht, 8. Jahrg. Nr. 111, 15. August 2001

Von Daniel Sturm

Suchmaschinen schaffen Ordnung im Dickicht der Informationen. Wer nach erfolglosem Driften durch den Cyberspace Abstand vom Chaos WWW sucht, steuert oft genug den sicheren Hafen der Suchmaschinen an. Doch seit zu Beginn des Jahres die Suchmaschine Yahoo einen Erotik-Shop auf ihrer Homepage eröffnete, geriet das schmuddelfreie Image der Ordnungshüter erstmals ins Wanken. Kaum versöhnlich stimmte, daß Yahoo die Pornovideos, Sex-Foren und -Chats im Mai von seinen Seiten verbannte. Denn im Frühsommer gab es neue Kritik, die der US-Verbraucherschützer Ralph Nader gleich gegen acht Suchmaschinen richtete: Schleichwerbung. Gründe genug für den Medien Tenor, die deutschen Angebote von Yahoo, Altavista, Lycos und Google in einer vergleichende Analyse (Benchmark) unter die Lupe zu nehmen.

Von der Schließung des Erotik-Shops bis zum Ende der Sex-Chats vergingen Wochen - und in der Zwischenzeit glänzte Yahoo durch kommunikatives Herumeiern. Einerseits stand der Suchhelfer mächtig unter Beschuß durch Lobbyorganisationen wie die American Family Association, andererseits drohten Yahoo mit der Schließung der übrigen Sex-Dienste tausende von Usern abzuwandern. Ein herber Verlust für Yahoo, sieht es sich doch wie andere Suchmaschinen schon seit einer Weile mit rückläufigen Werbeeinnahmen konfrontiert. Aufgrund des öffentlichen Druckes verschwanden die dubiosen Dienste schließlich dennoch, wenngleich Yahoo seine Probleme damit noch nicht gleich alle los ist.
Eine Stichproben-Untersuchung, die der Medien Tenor mittels 20 zufällig ausgewählten Suchstichworten durchführte, er-gab, daß auf den Ergebnisseiten von Yahoo in 80 Prozent der Fälle Werbebanner (außer Eigenwerbung) geschaltet waren. Beim Konkurrenten Altavista ergab sich ein ähnlich hoher Anteil (76 Prozent), und bei Lycos erschienen in 55 Prozent der Fälle mit Bannern besetzte Werbeflächen. Einzig der Musterknabe Google scheint gänzlich auf Bannerwerbung zu verzichten.
Auf eine viel indirektere Art, Werbeeinnahmen zu erzielen, haben es nach den Vorwürfen von Ralph Naders Verbraucherorganisation "Commercial Alert" Internet-Suchmaschinen seit neuestem abgesehen. In einer Klage bei der US-Kartellbehörde Federal Trade Commission werden die acht großen Anbieter Msn, Netscape, Direct Hit, Hotbot, Lycos, AltaVista, Looksmart und Iwon der Schleichwerbung be-zichtigt. Eine prominente Position in der Auslistung von Suchergebnissen, so der Kernvorwurf, ließen sich die Suchmaschinen teuer bezahlen, machten aber die Nutzer auf diese Verzerrung des vermeintlich "ob-jektiven" Suchergebnisses nicht aufmerksam. Die Verbraucherschützer berufen sich in ihrer Argumentation auf den Umstand, daß Suchmaschinen die Rolle der Wissensvermittlung zugewachsen sei. Und die habe gefälligst frei von Werbeinteressen zu sein.
Yahoo, Google und Excite sind von der Klage nicht betroffen, weil sie eigens als bezahlte Werbeflächen ausgewiesene Bereiche auf ihren Seiten eingerichtet haben, die oft als "Sponsored Link" firmieren. Google setzt außerdem bei der Auslistung seiner Ergebnisse aus dem Cyberspace auf ein Verfahren, das diejenigen Webseiten an erster Stelle nennt, auf die von den meisten der anderen Webseiten verlinkt wird (Page-Rank-Technologie). Außerdem ist es von den analysierten Suchmaschine die einzige, die Webangebote, welche einer einzigen Domainadresse zugehören, quasi als Familie hintereinander sortiert. In der Kategorie "Suchtechnologie" schnitt Google deshalb deutlich am besten ab. In die Bewertung flossen auch Kriterien wie Umfang und Relevanz der Suchergebnisse, deren grafische Aufbereitung sowie Qualität spezieller Dienstleistungen (personalisierte Suchanfrage) und die erweiterte Suche ein.
Auch in der Kategorie "Spezielle Features" schnitt Google mit 60 Prozent vor Altavista (20 Prozent), Yahoo und Lycos (je 5 Prozent) am besten ab. Es mag für den einen oder anderen ja eine nette Hilfestellung sein, zu jedem erdenklichen Suchthema Nachrichten (Yahoo) und Buchtips (Lycos) an-geboten zu bekommen. Was letztlich zählt, ist die Qualität des Suchergebnisses - oder, wie ein Bundeskanzler einmal treffend sagte, "das, was hinten rauskommt".