Die Mauer muß weg! Migranten in Leipzig
Kreuzer, Juli 1999
Noch vor zehn Jahren gab es in Leipzig nur
zwei Italiener, aber viele wußten aus dem Westfernsehen: "Die
sind von der Mafia". Obwohl heute 20.000 Leipziger ausländischer
Herkunft sind, erfahren sie immer noch eine Sonderbehandlung. Das Rathaus
hegt manche Migranten wie Orchideen, denn es braucht dringend neue Einwohner.
Doch in Grünau splittern nachts die Fensterscheiben und besonders
an Haltestellen ist mit einigen Leipzigern nicht gut Kirschen essen.
Die Ausländerbehörde hält stille und schiebt ab. Allmählich
regt sich ein Wunsch: Die Mauer muß weg. Auch für Migranten.
Von Daniel Sturm (Text) und Cordula Giese (Bilder).
Da kam einmal eine neue Bundesregierung und wollte
die deutsche Erfindung des Ausländers vom Kopf auf die Füße
zu stellen. Wir haben die Macht, dachte sie sich. Also ran an die Arbeit.
Gleiches Recht für alle, ganz gleich welchen Blutes. Doch gerade
diese arrogante Siegesgewißheit machte es den Gegnern leicht:
Schnell war der Volkszorn entfacht, führte zu einer verlorenen
Landtagswahl und ließ prompt die wichtige Mehrheit im Bundesrat
zugunsten jener kippen, die an den primitiven Instinkt appellierten:
Doppelte Staatsbürger haben einen Paß mehr als ihr!
Auch in der Stadt der friedlichen Revolution ist
der Kampf gegen das veraltete Verständnis vom Volk noch nicht ausgefochten.
So entstand zwar gut demokratisch die Idee, sozial benachteiligten Menschen
der Stadt vergünstigte Eintritte in Museen etc. zu gewähren:
der Leipzig-Paß. Doch kaum eingeführt, entpuppte sich der
Ausweis schon als öffentliches Ärgernis. Der auf dem Paß
formulierte Satz "Alle Leipziger Bürger" schloß
die Leipziger ausländischer Herkunft aus. Ermäßigungsberechtigt
waren eben nur Bürger, das sind nach juristischem Verständnis
all jene in Leipzig gemeldeten Einwohner, die auch die deutsche Staatsbürgerschaft
haben. "Das hat zu einer unbeabsichtigten Diskrimierung geführt",
ärgert sich Stojan Gugutschkow, der seit 1991 Ausländerbeauftragter
der Stadt Leipzig ist. Jetzt will er darauf hinwirken, daß der
Begriff "Bürger" durch den juristisch einwandfreien Terminus
"Einwohner" ersetzt wird.
Eine andere Geschichte bereitet Gugutschkow noch
größere Magenschmerzen: Immer wieder würden Asylbewerber
von Straßenbahn-Kontrolleuren aufgegriffen, weil sie schwarz führen.
Nun könne man aber von keinem Asylbewerber verlangen, daß
er sein monatliches Taschengeld von 80 Mark für ein ebenso teures
Montatsticket einsetze. Außer Frage stehe aber auch, daß
sie Bahn fahren müßten, um zum Arzt oder Rechtsanwalt zu
gelangen. "Es ist ärgerlich, daß dadurch in den Straßenbahnen
ständig der Eindruck entsteht, daß Ausländer schwarz
fahren und kriminell sind." Ein Modell, nachdem Asylbewerber ähnlich
wie Studenten in den Genuß verbilligter Fahrscheine kommen können,
sei bisher an der finanziellen Unterstützung des Freistaats gescheitert.
Das rassistische Potential, das in der Stadt eben auch steckt, schlägt
sich in wütenden Briefen an den Ausländerbeauftragten nieder,
die Gugutschkow wie folgt paraphrasiert: Was haben die Ausländer
an der Straßenbahnhaltestelle in der Nacht zu suchen? Man könnte
sie doch sportlich so rannehmen, daß sie in der Nacht todmüde
ins Bett fallen.
Der Revolutionsspruch Wir sind ein Volk hatte
auch einen chauvinistischen Beigeschmack. Im Schlepptau der friedfertigen
Slogans marschierten bereits im November 1989 Plakatträger, die
Ausländer raus skandierten. Wenigstens in einem Punkt ließ
sich der vielbeschworene Ossi-Wessi-Gegensatz nicht bemühen: Ausländerhaß
gab es hüben wie drüben. In der Zeitschrift nah & fern
vom September 1990 erinnert sich Johanne Kehler an ihre Zeit als Betreuerin
in einem Wohnheim für vietnamesische Vertragsarbeiter zurück.
"Das Leben der in der DDR arbeitenden ausländischen Frau ist
primär durch die Isolation bestimmt." Häufiges Argument
der deutschen Umgebung sei: Sie sind hier, um zu arbeiten und nicht
um Kinder zu kriegen. Aus diesem Grund hätten alle Vietnamesinnen
bei Vertragsbeginn kostenlos Anti-Baby-Pillen bekommen. "Trotzdem
gab es auch viele Schwangerschaftsabbrüche. Ausnahmen habe es gegeben,
abhängig vom jeweiligen Betrieb und seinen Betreuerinnen. "Bei
vietnamesischen Frauen zum Beispiel ist die Schwangerschaft oft sehr
spät erkannt worden und bis die Papiere fertig waren, konnten sie
in der DDR noch entbinden. Einige Frauen haben das Kind nach der Entbindung
nach Hause gebracht und durften dann ohne Kind hier weiterarbeiten."
Im Januar 1989 sei diese Regelung außer Kraft gesetzt worden.
Bemerkenswert an dem Bericht ist sein rührender Aufruf zum Gutmenschentum,
der aus heutiger Sicht irgendwie antiquiert wirkt. "Die DDR-Bürger
haben Angst vor ihrer Zukunft, obwohl sie die Möglichkeit hatten,
selbst zu wählen was sie für eine Zukunft wollen. Den hier
arbeitenden ausländischen Mitbürgern gab man dieses Recht
nicht. Sie haben Angst um ihre Zukunft und um ihr Leben, das in dieser
Zeit oft in Gefahr ist. (...) Es wäre gut, wenn es noch mehr Menschen
gäbe, die sich nicht um die eigene Zukunft sorgen. Wir sollten
bedenken, daß wir alle auf einer Erde leben und daß auch
die Zukunft unserer Nachbarn unsere eigene ist."
Zehn Jahre später. In der Uni-Mensa steigt
das vietnamesische Teefest. Ausgelassen feiern 100 vietnamesische Gaststättenbesitzer
mit Musik, Karaoke und belegten Brötchen. Dem Toningenieur, den
die Stadt Leipzig großzügig ausgeliehen hat, ist die Veranstaltung
sichtlich peinlich, Schweißperlen bilden sich auf seiner Stirn.
An der Stirnseite des Tisches, wo offensichtlich die großen Restaurant-Paten
tafeln, hat gerade Aldo Castillo peruanisch-indianische Folklore auf
seiner Panflöte zum Besten gegeben. Auf den 36jährigen Sozialpädagogen
trifft der Ausdruck zu, den viele gerne und oft in den Mund nehmen,
ohne wirklich Erfahrungen vorweisen zu können. Er ist ein Experte
in Ausländerfragen. Erst lebte er zehn Jahre in der alten BRD,
dann wechelte er nach dem Mauerfall die Fronten und lebt seitdem in
Leipzig. Aldo kam vor 20 Jahren aus Peru, um in der DDR zu studieren,
landete aber mit dem Flugzeug in Westdeutschland und blieb in Göttingen
hängen, wo er studierte. Der Sozialarbeiter kennt die ganze Szene
der freien Träger, hat selbst jahrelang im Verein "Felsenblume"
gearbeitet. Er ist keinesfalls ein verbitterter Typ, aber er hält
auch nicht hinterm Berg, daß er es nicht wortlos duldet, von Menschen
auf der Straße wie ein Tier angestarrt zu werden. Er hält
das Problem, das viele Deutsche mit Ausländern haben, für
ein Bewußtseinsproblem: die alltägliche Präsenz von
Ausländern werde ausgeblendet und nur bei besonderen Gelegenheiten
gebetsmühlenartig ins Bewußtsein gerückt. Unter der
Etikette "Interkulturelle Woche" und "Tag des Ausländers"
könne man dann rechtliche Versäumnisse abarbeiten. Ritualisierte
Veranstaltungen eben, um über die wirkliche Gleichstellung nicht
sprechen zu müssen. So wie Weihnachten, anstatt dem Frieden auf
Erden das ganze Jahr über auf die Sprünge zu helfen. Aldo
erinnert sich noch genau an die Reaktionen der Politiker, als bei einem
Überfall in der Karl-Liebknecht-Straße ein kurdischer Gemüsehändler
getötet wurde. "Das war keine ausländerfeindliche Tat",
allein die Betonung sei schon entlarvend gewesen.
Schon im September 1987 warnte nach Informationen
der Mitteldeutschen Zeitung (16.2.99) der damalige Erfurter Probst und
DDR-kritische Theologe Heino Falcke: "Es gibt einen latenten, spürbaren
Rassismus auf unseren Straßen, in unseren Gaststätten und
an Wohnungstüren im Umgang mit farbigen Menschen." Nur einen
Monat später überfielen 30 Skinheads mit dem Ruf "Juden
raus aus deutschen Kirchen" die Zionskirche im damaligen Ost-Berlin.
Von Übergriffen direkt nach der Wende berichtet auch Dieter Braun,
der 1986 mit einer der ersten in der DDR war, der in Diensten der evangelischen
Kirche das Amt des Ausländerbeauftragten wahrnahm (siehe unser
Interview). Die Feindliche Haltung gegenüber Ausländern, so
das Fazit aller Experten, sei keinesfalls ein Ergebnis der Wende, sondern
vorher latent vorhanden. Ein guter Thälmann-Pionier hält Freundschaft
zur Sowjetunion, übt Solidarität mit dem Volke Lenins. So
lautete ein Grundsatz im Statut der Thälmann-Pioniere in der früheren
DDR. Fast alle Schüler zwischen zehn und 14 waren Mitglied der
sozialistischen Pionierorganisation - nach dem Prinzip des freiwilligen
Zwangs. In dieser jahrzehntelangen verordneten Freundschaft sehen viele
die Hauptursache für die starke Fremdenfeindlichkeit in den neuen
Bundesländern. Aufgrund der völlig verfehlten Ausländerpolitik
während des SED-Regimes habe das Wort Solidarität jahrzehntelang
einen negativen Touch bekommen.
Bei den Projekttagen der Leipziger Polizei ging
es um solche Themen. Aldo hat vier mal als Sozialarbeiter teilgenommen.
Darin sei es auch um die Frage des polizeilichen Umgangs mit Menschen
gegangen, die nicht die Sprache der Leipziger Polizisten sprechen. Einmal,
erzählt Also, habe sich ihm ein Polizist anvertraut, der eine Ausländerin
geheiratet hatte und nun von seinen eigenen Kollegen schikaniert wird.
Ergeben habe er sich in sein Schicksal gefügt: "Wir Deutschen
waren nie freundlich, nicht einmal unter Kollegen".
"Definieren Sie mal Freundlichkeit",
fordert Claudia Geißler-Ploog, Referentin des Bürgermeisters
Holger Tschense angriffslustig. Nach vier Wochen währenden Versuchen,
einen Gesprächspartner aus dem Umfeld der Ausländerbehörde
zu bekommen, ist es so weit. Am Tisch sitzen Geißler-Ploog, Edgar
Heinich, Leiter der Abteilung Allgemeine Ordnungs- und Ausländerbehörde
und Uwe Janowski, Sachgebietsleiter der gleichen Behörde. Grund
für die Verzögerung sei das große Arbeitsspektrum und
das sehr komplizierte Ausländerrecht. "Wenn wir vom Kreuzer
vier Wochen brauchen, um eine Auskunft zu bekommen, wie lange braucht
dann eine Privatperson", ist eine der ersten Fragen. "Sie
waren noch nie bei uns im Haus, da gibt es eine große Tafel, wo
alle Ansprechpartner dran stehen", meint Edgar Heinich. Eins zu
null für die Behörde. Geißler-Ploog hatte schon zuvor
telefonisch erklärt, daß nur sie selbst wirklich politische
Aussagen treffen dürfe, Heinich im Grunde nur Fragen zur Statistik
bewantworten dürfe. "Wir müssen sehr stark trennen in
die Behörde, die Gesetzmäßigkeiten ausführt und
die Stadt Leipzig, die natürlich versucht, die Ausländer,
die wir haben, zu integrieren". Die sich anschließende Nachfrage,
ob es sich bei dieser Arbeitsteilung nicht um einen kapitalen Fehler
handele, weil bei vielen Ausländern der Eindruck von einer Behörde
als verlängertem Arm der Polizei entstehe, endet in einer Debatte
über Freundlichkeit. Fazit: Das Amt begrenzt die Zuwanderung, wie
es der Gesetzgeber mit immer schärferen Gesetzen wünscht,
und die Stadt übernimmt die Integration der wenigen Glücklichen.
Gut zu wissen.
Der Traum von Karl May ist hier lebendig, hatte
Aldo gesagt und noch etwas Geheimnisvolles hinzugefügt: "Die
Leute hier sehnen sich nach der Indianer-Seele". Was konnte er
damit gemeint haben? Der Sinn seiner Worte entschließt sich erst
im Blick auf einen unsäglich sentimentalen Erguß des großen
Sachsen, Weihnacht: darin ballert Old Shatterhand wie gewohnt auf den
gemeinhin bösen Indianer und schmaucht im Anschluß die Friedenspfeife
unter einem Tannenbaum - mit dem guten Indianer Winnetou. Die strikte
Arbeitsteilung in der Kommune nach dem Strickmuster "hart gegen
die einen, herzlich gegen die anderen" erinnert ein wenig an den
christlichen Reiseschriftsteller Karl May. "Wir erfüllen unsere
Quote gut und müssen uns keinen Vorwurf machen lassen", hebt
Claudia Geißler-Ploog etwa die Hilfsbereitschaft gegenüber
den Kosovo-Flüchtlingen vor. 65 Vertriebene hätte Leipzig
nach dem bundesweiten Verteilungsquote aufnehmen müssen, doch die
Stadt ließ sogar im Heim in Mölkau die dort untergebrachten
Asylbewerber enger zusammenrücken, um Platz für 114 Gäste
zu machen. "Fahren Sie mal raus nach Mölkau, es hat immer
irgendwo einen Gänsehauteffekt, wenn die Flüchtlinge berichten,
und uns anderseits nicht schämen zu müssen und zu sagen, wir
sind gute Gastgeber."
Einen Gänsehaut hat manchmal auch Marcel
Mulamba, nur mit dem Unterschied, daß er keine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung
besitzt. Er ist Bürgerkriegsflüchtling und lebt seit fünf
Jahren in Leipzig. Er steht im Schatten der Mauer, etwas abseits auf
dem Pausenhof der Schule. Er nimmt an einem Sprachkurs der Leipziger
Gesellschaft für Bildung und Arbeit teil. Sein Deutsch ist fast
akzentfrei, doch seine Zukunftsperspektive ist unsicher. Alle vier Monate
muß er zu den Behörden kriechen, um um weitere vier Monate
zu betteln. Ein geduldeter Asylbewerber, der nach fünf Jahren nicht
mehr wissen kann, wie es in seiner Heimat aussieht. Dies ist sein erster
Sprachkurs - nach fünf Jahren, er hat sich sonst alles selbst beigebracht.
Deutsche Freunde, sagt er, habe er zwar auch. Aber die tiefe Enttäuschung,
mit 35 keinen Job haben zu dürfen, steht ihm ins Gesicht geschrieben:
"Als ich her kam, habe ich gedacht, alles geht sehr schnell. Daß
ich schnell anerkannt werden würde." Er braucht das Zertifikat,
um an der Universität ein Informatik-Studium aufnehmen zu können.
Mit 35.
Die Chefin der Leipziger Gesellschaft für
Bildung und Arbeit ist Gabriele Kretschmer. Die resolute Lehrerin, die
1991 wegen ideologischer Vorbelastung von der Pädagogischen Hochschule
Leipzigs abgewickelt wurde, führt ein festes Regiment. In zackigem
Ton spricht sie von Jugend- und Rentnerbrigaden, wenn sie das Altersschichtung
der Kursteilnehmer meint. Seit 1991 kamen in ihrer Schule rund 9000
Migranten, vorrangig Aussiedler aus den ehemaligen GUS-Staaten in den
Genuß, in einem über das Arbeitsamt finanzierten sechsmonatigen
Sprachkurs Deutsch zu lernen. Asylbewerber hätten erst dann einen
Anspruch auf einen Sprachkurs, wenn sie anerkannt seien. Ausnahmen mache
sie da nicht. "Es ist eine Frage der Finanzierung", versachlicht
sie ihre Haltung, die ihr selbst wohl etwas eine Spur zu kühl wirkte.
Kurz darauf verstrickt sie sich in einen Widerspruch: in dem ihr eigenen
kühlen Pathos schwärmt sie von ihrem persönlichen Gast,
einer 72jährigen Lady aus Rußland, die eigentlich keinen
Anspruch auf einen Sprachkurs mehr habe. "Sie ist einfach so, daß
man ihr eine Chance geben muß."
Freundlichkeit will gelernt sein. Das zeigt auch
das Beispiel des Leipziger US-Konsuls J. Patrick Thrun, der am 24. April
in der Wahrener Gnadenkirche einen Vortrag hielt. In seiner "Sicht
auf den Osten" empfiehlt er, so berichtet es die LVZ am 26. April,
den Leipzigern die aktive Beteiligung und nicht blankes Reagiern in
DDR-Bürger-Manier. Gegenrede: Wie er denn als Ausländer dazu
komme, den Ostdeutschen sagen zu wollen, was sie zu tun hätten.
Was man gegen die Verödung ganzer Landstriche tun könne, wenn
die jungen flexiblen Leute reihenweise in dei Städt abwanderten?
"Wir sind ein Einwanderungsland. Unsere Neuankömmlinge gehen
dorthin und werden besonders unterstützt". Gemurmel im Publikum.
Vielfach glauben die Entscheidungsträger immer noch, sich Unfreundlichkeit
leisten zu können. Sie bauen auf die duldsame Zielgruppe der Generation
1949, die DDR-Restaurants mieden, weil von Service keine Rede war und
auf den freien Tischen Reserviert-Schildchen standen. Den obszönen
Charakter dieser Haltung verdeutlicht die ernst gemeinte Forderung eines
Medienmachers: "Ich will das Menschenrechts auf schlechte Laune
einführen". Als die großen Supermarkt-Ketten in den
Jahren nach 1990 wie Pilze aus dem Boden sprossen, sahen einige in den
neu eröffneten Ost-Filialen eine zwingende Chance, den auch im
Westen nur spärlich vorhandenen Service zu implantieren. SPAR und
andere ließen flächendeckend Akzeptanzstudien ihrer "neuen
Kundenfreundlichkeit" durchführen. 1997 war in dieser Sache
unter anderem das Forschungs-Institut EMNID auf den Straßen von
Leipzig unterwegs. Auf die Frage, ob das Lächeln der Kassiererinnen
und das freundliche "Guten Morgen" der Supermarkt-Bediensteten
gefalle, gab es ein negatives Feedback. "Jetzt lächeln die
ja sogar" oder "Ich will keine Freundlichkeit, ich will nur
in Ruhe meine Sachen kaufen" schlugen sich verbitterten Untertons
in den Fragebögen nieder.
DANIEL STURM