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Im Herzen der Stadt pochen die Verkehrsbetriebe auf ihre Rechte
Saartal und RSW: Brauchen Bahnhofstraße, sonst drohen Fahrgastverluste
Saarbrücker Zeitung, August 19, 1993

Von unserem Mitarbeiter DANIEL STURM

Wenn Omnibusse im gewohnten Tempo durch die Bahnhofstraße brettern, fürchten Fußgänger um ihr körperliches Heil. "Muß das denn sein?" fragen sich Passanten. Von einer autofreien Zone hat man sich mehr versprochen: Beispiel St. Johanner Markt. Die Saarbrücker Nahverkehrsunternehmen sagen, sie könnten die Bahnhofstraße keinesfalls umgehen. Man fürchtet sinkende Fahrgastzahlen und die totale Verödung der Einkaufszeile.

Bis das Wunschkonzept "Stadtbahn" in der Kaiserstraße 1996 Tatsache ist, gehen Fußgänger in der Bahnhofstraße harten Zeiten entgegen. Denn noch gehört ihnen der innerstädtische Asphalt nur zur Hälfte. Zweispurig biegen in der Übergangszeit die Busse in die Bahnhofstraße ein. "Wir haben wirklich alle Alternativen geprüft", versichert der Chef der Saartal-Linien, Norbert Walter. Er baut dabei auf das Verständnis der Fußgänger und den "Gewöhnungseffekt". Seine Sorge gilt dem "Herzen der Stadt", das durch eine Verlegung der Busführung auf die andere Saarseite gefährdet sei. Trotz eines Minus von 22 Millionen DM im Verkehrshaushalt sei weniger das Defizit als der "Unmut der Fahrgäste" das Problem. Die neun Haltestellen rund um die Bahnhofstraße könne man nicht aufgeben, ohne dem Einzelhandel großen Schaden zuzufügen. "Wir sorgen auch abends und am Wochenende für Sicherheit in der Hauptgeschäftsstraße", betont Walter die Vorteile in verkehrsschwachen Zeiten.

Alle 30 Sekunden ein Bus

Busse als lebendige Motoren der sonst autofreien Bahnhofstraße heißt die Devise: "Die Tatsache, daß wir hier allein sind, wollen wir nutzen". Die eigens dazu eingeführten Familienkarte soll die Anziehungskraft der Bahnhofstraße als Einkaufszeile unterstreichen.

120 Busse der Saartal-Linien passieren täglich die Bahnhofstraße - in Spitzenzeiten entspricht das einer Taktzeit von 30 Sekunden. Deshalb scheint es hier unmöglich, andere Wege zu gehen: "Wir sind kein Verschiebe-Bahnhof", erläutert Norbert Walter. 500000 Fahrgäste, die in den letzten zwei Jahren ausblieben, schiebt er vor allem auf das Konto der Reichsstraßen-Sperrung. Die Busse müßten hier 2,5 Kilometer Mehrweg fahren. Ähnliches habe man in der Bahnhofstraße zu erwarten, "wenn unsere Busse herauskomplimentiert werden". Fahrzeitverzögerungen seien die Folge.

Manfred Zang von Regionalverkehr-Saar-Westpfalz (RSW) ist schockiert von der Idee, die Busse aus der Bahnhofstraße abzuziehen: "Mit dieser Möglichkeit haben wir uns noch gar nicht befaßt". Der Verkehrsbüroleiter des DB-Unternehmens befürchtet, daß "wir dann unsere letzten Kunden endgültig vergraulen". Die 80 Omnibusse, die täglich die Bahnhofstraße passieren, könnten so kaum mehr ausreichend Nähe zum Hauptbahnhof garantieren.

Busfahrer würden mit überhöhter Geschwindigkeit durch die Bahnhofstraße preschen, klagen jetzt viele Fußgänger. Beide Verkehrsbetriebe, RSW und Saartal-Linien, haben gestern Anweisung erteilt, sich an die Geschwindigkeitsbegrenzung von 20 km/h zu halten. Die Polizei hat bisher keine Knöllchen verteilt.